Gericht ordnet Schließung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Kairo an, Westerwelle zeigt sich „empört“.
Ein Strafgericht in Ägyptens Hauptstadt Kairo verurteilte am Dienstag 43 Mitarbeiter ausländischer Organisationen zu Haftstrafen von bis zu fünf Jahren und ordnete die Schließung von fünf Stiftungen und Menschenrechtsorganisationen an. Auch das Büro der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Kairo ist betroffen und muss seine Arbeit in Ägypten damit vorerst einstellen. Der ehemalige Leiter des KAS-Büros in Kairo Andreas Jacobs wurde zu fünf Jahren und seine Mitarbeiterin Christine Bader zu zwei Jahren Haft verurteilt. Anwälte der Angeklagten kündigten an gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen (erschienen in Junge Welt am 6.6.2013).
Bereits im Dezember 2011 durchsuchten ägyptische Behörden die Büros von 17 Menschenrechtsorganisationen und politischen Stiftungen, beschlagnahmten Unterlagen und erhoben Anklage gegen Dutzende Mitarbeiter. Der Vorwurf: Arbeit für nicht genehmigte Nicht-Regierungsorganisationen, Schwarzarbeit und illegale Geldtransfers zugunsten der betroffenen Organisationen. Nach der ägyptischen Revolution 2011 stand das Land vorrübergehend unter Militärherrschaft. Angeordnet wurden die Razzien vom autoritär regierenden Militärrat, der ähnlich wie Funktionäre des alten Regimes unter Hosni Mubarak immer wieder versuchte die Protest- und Demokratiebewegung mit dem Vorwurf zu diskreditieren, sie seien vom Ausland gesteuert und bezahlt.
Die Urteile wurden zum Großteil in Abwesenheit der Angeklagten gefällt. Kurz nach Prozessbeginn im Februar 2012 wurde das Ausreiseverbot für die angeklagten Ausländer gegen Kaution aufgehoben. Mit Ausnahme des Urteils gegen einen US-Bürger, der aus Solidarität mit seinen Kollegen die Ausreise verweigerte, bleibt das Urteil damit für das Gros der Angeklagten folgenlos. Für die ägyptische Zivilgesellschaft ist der Richterspruch dennoch ein harter Schlag. Derzeit entwirft Ägyptens Regierung ein neues Gesetz zum rechtlichen Status von Nicht-Regierungs- und Menschenrechtsorganisationen. Befürchtet wird, dass das neue Gesetz, dessen Verabschiedung in Kürze erwartet wird, die Arbeit und vor allem die Finanzierung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten massiv einschränken könnten. Das Gesetz ermögliche dem Staat eine umfangreiche Kontrolle und Überwachung zivilgesellschaftlicher Aktivitäten in Ägypten, die Meinungsfreiheit könne durch das neue Gesetz massiv beschnitten werden, betont eine Aktivistin einer ägyptischen Jugendorganisation in Kairo.
Außenminister Guido Westwelle (FDP) verurteilte in erstaunlich scharfem Tonfall das Urteil vom Dienstag. Dieses sei „in hohem Maße beunruhigend“ und das Vorgehen der ägyptischen Justiz „besorgniserregend.“ Noch im Januar wurde die KAS im Rahmen des Staatsbesuchs von Ägyptens Staatspräsident Mohamed Mursi in Berlin offiziell in das deutsch-ägyptische Kulturabkommen aufgenommen. Die Leitung der Stiftung zeigte sich anschließend optimistisch über den damals noch laufenden Prozess, schließlich sei durch das Abkommen „die Rechtssicherheit für die Arbeit der Stiftung von den Regierungen beider Länder bestätigt“ worden.
Nicht nur die KAS intensivierte nach der ägyptischen Revolution ihre Aktivitäten in Ägypten. Auch die Linkspartei-nahe Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) wollte 2012 in Kairo ein neues Auslandsbüro eröffnen. Nach den Razzien im Dezember 2011 und ersten Anzeichen für ein restriktiveres gesetzliches Umfeld für ausländische Stiftungen nach der Veröffentlichung des ersten Entwurfes des geplanten Gesetzes für Nicht-Regierungsorganisationen legte die RLS ihre Kairo-Pläne zunächst auf Eis. Inzwischen bereitet die RLS die Eröffnung eines Büros in der tunesischen Hauptstadt Tunis vor.
© Sofian Philip Naceur 2013