Erste Konsequenzen der aufgeheizten Stimmung im NGO-Sektor am Nil sind bereits sichtbar. Mitarbeitern des Dänischen Instituts für Menschenrechte wurde im Oktober die Einreise verweigert. Das Carter Center, eine US-Menschenrechtsorganisation, kündigte im Oktober angesichts des andauernden aggressiven Vorgehens ägyptischer Behörden gegen Opposition und Zivilgesellschaft die Schließung ihres Büros in Kairo an. Doch ist der repressive Umgang der ägyptischen Regierung mit unerwünschten NGO’s oder Aktivisten nicht neu. Im Dezember 2011 durchsuchte die Polizei die Räumlichkeiten von 17 NGO’s, unter anderem der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung, die daraufhin ihre Arbeit im Land einstellte. 43 NGO-Mitarbeiter wurden 2013 wegen illegaler Finanzierung verurteilt. Ägyptische Menschenrechtsorganisationen wie das Egyptian Center for Social and Economic Rights waren gar mehrfach das Ziel von Razzien der Behörden (erschienen in Junge Welt am 10.11.2014).
Aber auch auf legislativer Ebene ist Ägyptens Bilanz der letzten Jahre brisant. Neben der erst kürzlich von Präsident Abdel Fattah Al-Sisi per Dekret erlassene Ausweitung der Militärgerichtsbarkeit für Zivilisten, die nun sogar gegen Studenten und Schüler eingesetzt werden kann, wenn diese den Universitätsbetrieb stören oder Bildungsinstitutionen „sabotieren“, hat das Staatsoberhaupt der Armee explizit erlaubt der Polizei bei Protesten an de Universitäten Amtshilfe leisten zu dürfen. Der Zugang zum Campus war dem Militär erst 2011 untersagt worden. Noch vor Al-Sisis Amtsantritt ließ Ägyptens Staatsführung zudem das umstrittene Protestgesetz durchpeitschen. Nach diesem Regelwerk wurden seither tausende Demonstranten aus dem islamistischen und linken Lager verhaftet und rechtskräftig verurteilt. Der Text ist sehr vage formuliert und legalisiert sogar den Einsatz scharfer Munition bei Demonstrationen. Auch die Presse steht unter Druck. So erklärten sich zahlreiche Chefredakteure ägyptischer Medien bei einem Treffen mit Regierungsvertretern bereit künftig keine Berichte mehr zu drucken, die „Staatsinstitutionen untergraben“ würden. Zwar signierten bisher rund 600 Journalisten eine Petition gegen diesen faktischen Maulkorb und die Institutionalisierung von Selbstzensur, doch Ägyptens Regierung versucht weiterhin die Presse auf Linie zu trimmen.
© Sofian Philip Naceur 2014