Ägyptens IS-Ableger lässt Kroaten hinrichten

Der vor drei Wochen in einem Vorort der ägyptischen Hauptstadt Kairo entführte kroatische Staatsbürger Tomislav Salopek ist offenbar hingerichtet worden. Im Internet kursieren seit Dienstag Bilder, die angeblich den enthaupteten Leichnam des 30 jährigen zweifachen Familienvaters zeigen. Die bisher meist im Norden der Sinai-Halbinsel operierende Extremistengruppe Ansar Beit Al-Makdis, die sich im Herbst 2014 in Provinz Sinai umbenannte und dem Islamischen Staat in Syrien und dem Irak (IS) die Treue schwor, wird für die Tat verantwortlich gemacht. Erst letzte Woche hatte die Terrorgruppe der ägyptischen Regierung ein Ultimatum gestellt. In einem von den Islamisten im Internet veröffentlichen Video verliest Salopek ein Schriftstück, in dem er seine eigene Hinrichtung ankündigt, sollte nicht innerhalb von 48 Stunden weibliche Gefangene aus ägyptischen Gefängnissen freigelassen werden. Ägyptens Regierung ließ sich nicht auf Verhandlungen ein (erschienen in Junge Welt am 14.8.2015).

Salopek war am 22. Juli in der Stadt des 6. Oktober, einer Satellitenstadt vor den Toren Kairos, verschleppt worden, bestätigte Kroatiens Außenministerium. Maskierte bewaffnete Männer hätten mit ihrem Bus die Straße blockiert und Salopek aus seinem Wagen entführt, den ägyptischen Fahrer jedoch zurückgelassen.

Eine offizielle Bestätigung von Salopeks Tod durch ägyptische Behörden steht noch aus. Auch der kroatische Premierminister Zoran Milanovic könne Salopeks Tod noch nicht „hundertprozentig“ bestätigen, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters auf einer Presskonferenz am Mittwoch. Bislang haben sich jedoch Verlautbarungen zu Exekutionen entführter Geiseln durch den ägyptischen IS-Ableger stets als wahr herausgestellt. Salopek wäre damit die erste ausländische Geisel, die einer Hinrichtung der Extremisten in der strukturschwachen Provinz im Osten Ägyptens zum Opfer fällt. Bisher hatten es Provinz Sinai meist auf Angehörige ägyptischer Sicherheitsbehörden sowie deren angebliche Spitzel abgesehen. Die Gruppe hatte bereits mehrfach angekündigt Touristen ins Visier nehmen zu wollen. Der Selbstmordanschlag auf einen Bus in Taba an der ägyptisch-israelischen Grenze im Februar 2014, bei dem der Busfahrer und zwei koreanische Touristen ums Leben kamen, ist bisher der einzige Anschlag der Gruppe, dem Ausländer zum Opfer fielen.

Als Grund für die Entführung Salopeks führte Provinz Sinai die Beteiligung Kroatiens am Krieg gegen den IS im Irak an. Das Auswärtige Amt verurteilte Salopeks Hinrichtung aufs Schärfste. Man werden gemeinsam mit Deutschlands Verbündeten alles dafür tun, um den IS zurückzudrängen, „nicht nur militärisch, sondern vor allem auch politisch“, heißt es in der Erklärung des Ministeriums.

Der Fall Salopek zeigt derweil, dass sich die offene Konfrontation zwischen den im Nord-Sinai operierenden radikalen Extremisten und dem ägyptischen Staat unaufhörlich verschärft. Unmittelbar nach der faktischen Machtübernahme von Ägyptens Präsident Abdel Fattah Al-Sisi im Sommer 2013 hatte die Armee eine groß angelegte Militäroffensive gegen die Islamisten im Nord-Sinai nahe der Grenze zum palästinensischen Gaza-Streifen initiiert. Bisher zeigte sich diese Vorschlaghammerstrategie jedoch als wenig effektiv, nehmen doch seither Bombenanschläge und Angriffe auf Einrichtungen der Armee und der Polizei kontinuierlich zu. War die Extremistengruppe zudem zuvor ausschließlich im Nord-Sinai aktiv, weitet die Gruppe seither sukzessive ihren Aktionsradius aus und verübt mittlerweile auch im Großraum Kairo immer wieder Attentate.

Die Entführung eines Ausländers im urbanen Zentrum Ägyptens dürfte den Konflikt weiter anheizen, ist das Regime doch ihrer bisherigen Logik in ihrem ausschließlich militärisch geführten Anti-Terror-Kampf folgend nun unter Zugzwang und könnte versuchen mit Vergeltungsschlägen gegen die Islamisten im Nord-Sinai den Anschein zu erwecken Herr der Lage in der abgelegenen Provinz zu sein.

© Sofian Philip Naceur 2015

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