Cholera-Ausbruch in Algerien – Behörden überfordert

In Algerien ist überraschend die Cholera ausgebrochen. Das bestätigte das Gesundheitsministerium des nordafrikanischen Landes in der vergangenen Woche, nachdem immer mehr Menschen mit heftigem Durchfall in verschiedene Krankenhäuser eingeliefert worden waren. In der Provinz Blida südwestlich der Hauptstadt Algier erlagen bereits zwei Patienten den Folgen der hochansteckenden bakteriellen Erkrankung. Auch die am Mittelmeer gelegenen Regionen Tipasa und Algier sowie Aïn Defla, Médéa und Bouira südlich der Hauptstadt sind betroffen (erschienen in junge Welt am 29.8.2018).

Das Gesundheitsministerium bestätigte bisher insgesamt 56 Cholera-Fälle in allen sechs Provinzen, 161 weitere Menschen stünden unter Beobachtung. Von einer Epidemie könne jedoch bisher nicht gesprochen werden, die Anzahl an Neuerkrankungen steige nur relativ langsam an. Dennoch ist der Ausbruch der Krankheit in Algerien erstaunlich. Die letzten »sporadischen« Cholera-Fälle hatte es 1996 gegeben, bestätigte die Regierung in einer Stellungnahme. Im Zuge der letzten Epidemie waren 1986 rund 4.500 Menschen erkrankt.

Der Direktor der Präventionsabteilung im Gesundheitsministerium, Djamel Fourar, hatte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz erklärt, es handle sich lediglich um »isolierte und nur auf einzelne Familien konzentrierte Fälle«. Die Lage sei unter Kontrolle. Auch Ressortchef Mokhtar Hasbellaoui versuchte zu beschwichtigen. Die Cholera werde in »zwei bis drei Tagen« ausgemerzt sein, erklärte er am Wochenende großspurig.

Doch Algeriens Regierung wird in der örtlichen Presse und in den sozialen Medien für ihr zögerliches und intransparentes Handeln heftig kritisiert. Der erste Patient mit typischen Symptomen war bereits am 7. August in ein Krankenhaus in der Stadt Aïn Bessem in der Provinz Bouira im Zentrum des Landes eingeliefert worden. Die Regierung bestätigte jedoch erst am 23. August, also ganze 16 Tage später, dass es sich um Cholera handelt. Der erste Patient war bereits am 12. August verstorben.

Die späte Identifikation der Krankheit sei unverständlich, da eine vorläufige Diagnose in wenigen Stunden und eine definitive und formale Diagnose in wenigen Tagen erfolgen könne, schreibt die algerische Internetzeitung TSA Algérie. Präventivmaßnahmen hätten sich durch das behäbige Verhalten der Behörden weiter verzögert. Die fünf verantwortlichen Ministerien für Inneres, Gesundheit, Wasser, Landwirtschaft und Handel glänzten bisher vor allem mit Abwesenheit, so das Blatt.

Über die Ursachen des Cholera-Ausbruchs herrscht weiterhin Unklarheit. Nachdem die Regierung kurz zuvor Trinkwasserquellen als Ursache noch kategorisch ausgeschlossen hatte, bestätigte sie inzwischen die Kontamination einer Quelle in der Provinz Tipasa. Entsprechend wütend reagierten Bewohner der betroffenen Kommune auf die Informationspolitik der Regierung. Diese geht inzwischen von bakteriell kontaminiertem Gemüse oder Obst aus und rief die Bevölkerung dazu auf, die Hygienebestimmungen einzuhalten und Wasser vorsichtshalber abzukochen.

Elternverbände riefen derweil das Bildungsministerium dazu auf, den geplanten Schulbeginn am 5. September zu verschieben, um das Risiko einer weiteren Verbreitung der Krankheit in den Schulen des Landes zu vermindern. Bisher jedoch ohne Erfolg. Die Regierung hält an ihrer verharmlosenden Rhetorik fest.

Der Bildungs- und Gesundheitssektor im Land waren zuletzt Schauplatz heftiger Arbeitskämpfe. Unabhängige Gewerkschaften legen seit dem vergangenen November immer wieder öffentliche Krankenhäuser lahm und fordern bessere Arbeitsbedingungen und bessere Ausstattung in den Kliniken des Landes.

In Algeriens Nachbarländern Tunesien und Libyen sorgt der Cholera-Ausbruch bereits für Nervosität. In Tunesien wurden erste Präventivmaßnahmen ergriffen, so das Gesundheitsministerium in Tunis.

© Sofian Philip Naceur 2018

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