Die offizielle Wahlbeobachtermission der Europäischen Union (EU) für die Präsidentschaftswahl in Ägypten am 26. und 27. Mai 2014 wird nun doch wie geplant durchgeführt. Auf einer Pressekonferenz am Montag in Ägyptens Hauptstadt Kairo sagte EU-Chefbeobachter Mario David die am Kairoer Flughafen von Ägyptens Behörden zurückgehaltene zwingend benötigte technische und medizinische Ausrüstung sei am Sonntag Nachmittag freigegeben worden. Damit stehe der Mission nichts mehr im Wege. Noch wenige Tage zuvor hatte die EU-Mission angekündigt, aufgrund nicht erhaltener Genehmigungen ägyptischer Behörden zum Import der Ausrüstung sei eine landesweite Wahlmission nicht mehr möglich. Aufgrund der Verzögerungen sei es bereits zu spät eine umfassende effektive Wahlbeobachtung zu gewährleisten. Die Degradierung der Mission zu einer nur auf Kairo beschränkte Begutachtung hat die ägyptischen Behörden offenbar veranlasst die Ausrüstung doch freizugeben und damit den Weg für die erste EU-Wahlbeobachtermission in Ägypten überhaupt frei zu machen. David betonte Ägypten sei für die Verzögerung der Freigabe der Ausrüstung nicht verantwortlich, es handle sich vielmehr um administrative Probleme, die nun gelöst worden seien.
Bereits Mitte April waren zehn Wahlbeobachter der EU nach Kairo gereist, weitere 30 Langzeitbeobachter hatten sich Ende April der Mission angeschlossen. Kurz vor Beginn des Urnengang wird eine Delegation von EU-Parlamentariern in Ägypten erwartet. Insgesamt 150 Wahlbeobachter aus 28 EU-Mitgliedsstaaten sowie Kanada und Norwegen sollen die landesweite Kontrolle der Präsidentschaftswahlen ermöglichen. „Die EU-Wahlbeobachtermission wird weder den Wahlprozess legitimieren noch die Ergebnisse für rechtskräftig erklären“, erklärte David. Die Mission werde nicht in die Wahl eingreifen und Rat oder Hilfestellung geben. Die Beobachter seien von Ägyptens Regierung eingeladen worden und werden neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie der Leistung des Wahlkomitees auch die Kampagnen der beiden Kandidaten, die Rolle der Zivilgesellschaft, die Gewährleistung politischer Rechte sowie die Medienberichterstattung überwachen. Die Mission werde Zugang zu Wahllokalen erhalten, um die Abstimmung zu beobachten und nach Ende des Urnengangs prüfen wie die Behörden mit allgemeinen Beschwerden umgehen, sagte David.
Rund ein Jahr nach dem Sturz des islamistischen Staatspräsidenten Mohamed Mursi durch die Armee erhält Ägypten damit Anfang Juni 2014 erstmals wieder einen gewählten Amtsträger in der Exekutive. Seither wird das Land von einem Übergangskabinett sowie Interimspräsident Adli Mansour regiert, der im Juli 2013 vom höchsten Gremium der Armee, dem Obersten Militärrat, zum Staatschef ernannt worden war. Federführend bei Mursis Absetzung war der damalige Verteidigungsminister Abdel Fattah El Sisi, der heute als haushoher Favorit auf den Posten des neuen Staatspräsidenten gehandelt wird. Mit dem im Land populären Sozialisten Hamdeen Sabahi hatte das Wahlkomitee neben El Sisi lediglich einen weiteren Kandidat für die Abstimmung zugelassen, eine Stichwahl ist daher ausgeschlossen. Offizielle Endergebnisse werden Anfang Juni erwartet.
© Sofian Philip Naceur 2014