Algeriens Staatspräsident Abdelaziz Bouteflika ist bei den mit Spannung erwarteten Präsidentschaftswahlen am vergangenen Donnerstag nach offiziellen Zahlen mit 81,53 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden. Der gesundheitlich schwer angeschlagene Chef der regierenden Nationalen Heilsfront (FLN) tritt damit ein höchst umstrittenes viertes Mandat im höchsten Staatsamt an. Bouteflika steht seit 1999 an der Spitze des erdöl- und erdgasreichen Landes und wurde bereits im Wahlkampf heftig für seine Kandidatur angegriffen. Der gesundheitlich schwer angeschlagene Präsident sei schlicht nicht in der Lage das Amt auch auszuüben. Bouteflikas schärfster Rivale, der ehemalige FLN-Generalsekretär und Ex-Premierminister Ali Benflis, landete mit rund zwölf Prozent abgeschlagen auf dem zweiten Platz. Die weiteren vier Kandidaten erreichten Werte zwischen 3,3 und 0,5 Prozent. Rund 23 Millionen Wahlberechtigte waren an die Urnen gerufen, doch sank die Wahlbeteiligung im Vergleich zur Präsidentschaftswahl 2009 deutlich. Lag die offizielle Wahlbeteiligung damals noch bei 74 Prozent, gab Innenminister Tayeb Belaiz am Freitag eine Wahlbeteiligung von nur noch 51,7 Prozent an – und selbst Zahl diese dürfte heftig geschönt worden sein. Wahlresultate gelten in Algerien als massiv gefälscht, die offizielle Wahlbeteiligung als künstlich erhöht, um Wahlen Legitimität zu verleihen (erschienen in Junge Welt am 22.4.2014).
Die Opposition erhebt Manipulationsvorwürfe. Benflis sprach von „großangelegtem Wahlbetrug“ und will die offiziellen Ergebnisse nicht anerkennen. Von den angetreten Kandidaten erkennt nur Louisa Hanoune, Chefin der trotzkistischen Arbeiterpartei, das Wahlergebnis an. Die Abstimmung sei „ein großer Sieg für das algerische Volk“ und im Gegensatz zu 2009, als sie noch lautstark gegen den Ausgang der Wahl opponierte, nannte sie die offiziellen Zahlen „legitim und unantastbar“. Dabei hatte es schon im Vorfeld des Urnengangs Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kandidatur Bouteflikas gegeben. Wie die Zeitung El Watan berichtet habe Bouteflika seinen Einfluss auf den Staatsapparat und die Staatsmedien zu Wahlkampfzwecken missbraucht.
Mehrere Kundgebungen der Opposition in Algier wurden von Sicherheitskräften aufgelöst, während es in der Kabylei, der östlich von Algier gelegenen mehrheitlich von Berbern der Kabylen-Minderheit bewohnten Region, schon während des Wahlkampfes immer wieder regierungskritische Protesten gab. In Tizi Ouzu in der Kabylei protestierten kurz vor dem Urnengang rund 4000 Menschen gegen Bouteflikas Kandidatur und riefen zum Wahlboykott auf. Am Wahltag lieferten sich rund um die Stadt Bouira Demonstranten und Sicherheitskräfte stundenlange Straßenschlachten. Rund 70 Personen wurden verletzt und dutzende Demonstranten verhaftet.
Proteste und Kundgebungen werden seit 1991 nur mit expliziter Genehmigung der Behörden erlaubt und Demonstrationen in Algier sind seit 2011 per Dekret grundsätzlich verboten. Wahlbeobachter der Afrikanischen Union und der Arabischen Liga, die der Präsidentschaftswahl 2014 in Algerien bescheinigten im Rahmen internationaler Standards abgelaufen zu sein, hatte die EU verzichtet eigene Wahlbeobachter ins Land zu schicken. Stattdessen reisten kurz vor dem Urnengang westliche Spitzenpolitiker nach Algier. Alle Besuche wurden vom Staatsfernsehen begleitet. Bouteflika wirkt bei den Auftritten keinesfalls sattelfest, doch die Symbolik war eindeutig: dieser Kandidat ist gesundheitlich in der Lage Algerien zu regieren. Neben US-Außenminister John Kerry war Spaniens Außenminister Manuel García-Margallo zu Gast in Algier. García-Margallo machte keinen Hehl aus seinen Ambitionen zukünftig mehr Gas aus Algerien importieren zu wollen. Spaniens Regierung betonte man wolle das gute Verhältnis zu Algerien fortsetzen. Das Land sei ein „zuverlässiger Partner“ und unersetzlich für die Stabilität in der strategische wichtigen Region. An gleicher Stelle werden die Wahlen als „transparent und pluralistisch“ bezeichnet.
© Sofian Philip Naceur 2014